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Forschungsstelle Lebus 1960-1974

Auf dem Lebuser Turmberg befand sich in den Jahren 1960-1992 eine Baracke. Sie beherbergte, als Außenstelle der Akademie der Wissenschaften Berlin, eine Forschungsstelle, die sich mit den Lebuser Bodendenkmälern beschäftigte. Bis 1974 fanden noch Grabungen in Lebus statt.
Die Einrichtung dieser Forschungsstelle geht auf den Lebuser Ehrenbürger Professor Wilhelm Unverzagt ( 1892-1971 ) zurück. Er leitete bereits in den Jahren 1938-43 im Auftrag des Staatlichen Museums für Vor- und Frühgeschichte Berlin u.a. an mehreren Stellen Grabungen in unserer Heimatstadt Lebus. Damals gab es im Lebuser Herrenhaus (1948 abgetragen) bereits eine Forschungststelle mit umfangreicher Zielstellung.
Professor Wilhelm Unverzagt war als Westberliner an der Akademie der Wissenschaften der DDR tätig. Auch der Mauerbau 1961 und seine Emeritierung 1963 hatten keinen Einfluss auf sein Engagement, u.a. für die Lebuser Grabungen.
Als Leiter der neuen Forschungsstelle leistete Willi Lemke (ein langjähriger Mitarbeiter von Professor Unverzagt) über sein Rentenalter hinaus eine hervorragende Arbeit. Trotz seiner Verletzung am rechten Bein kam er jeden Tag aus Frankfurt / Oder, um das Grabungs-Kollektiv, bestehend aus Otto Giese, Walter Anton, Hermann Schulz, Herrn Heger, Marie Beckmann und meinem Großvater Wilhelm Schickram anzuleiten. Weiterhin war er der Beauftragte für die Grabungsdokumentation.
Nachdem 1974 die Grabungstätigkeit eingestellt wurde, war er, auch noch über das 70.Lebensjahr hinaus, mit Zeichnungsarbeiten befasst, nun als Angestellter der Außenstelle des Potsdamer Museums für Ur- und Frühgeschichte.
Die Grabungsleistungen müssen hoch bewertet werden. Es wurde ganzjährig mit ca. 5 Arbeitskräften, die in der Regel schon das Rentenalter erreicht hatten, gegraben. Es mussten Erd- und Schuttmassen sowie schwere Feldsteine aus großer Tiefe an die Erdoberfläche gebracht werden. In den Jahren 1964 bis 1968 mussten auch einzelne Nebengebäude abgetragen werden. Die Stadt Lebus bekam staatliche Mittel bewilligt, um das Grundstück Zwietasch aufkaufen zu können. Dadurch wurde es möglich, den Südost-Turm mit einem Teil der Mauer durch Feldsteine und Kiesschüttung zu markieren.
Die Forschungsergebnisse, insbesondere die geborgenen Fundstücke, stellte Willi Lemke zu einer Ausstellung in der Baracke zusammen. Es fanden Führungen statt, auch außerhalb der Reihe und an Wochenenden. Mein Großvater Wilhelm Schickram war an diesen Aktivitäten beteiligt.
Einen Höhepunkt erlebte die Lebuser Grabungsstelle, als im Anschluss an den II. Internationalen Kongress für slawische Archäologie 1970 in Berlin hier eine Besichtigung durch hochrangige Kongress- Teilnehmer erfolgte. Die Führung übernahm Professor Unverzagt.
Nach dem Tode von Professor Unverzagt im Jahre 1971 erfolgten durch K.H.-Otto (Bereichsleiter im Zentralinstitut) noch Grabungen auf dem Lebuser Pletschenberg , um einen Teil der Profile des Schnittes von 1938/39 wiederherzustellen. Bei den bis Mai 1974 laufenden Grabungen wurde auch der (ehemals) freistehende Rundturm (Dm. 12,5 m) ergraben.
Nach der Wende wurden die in der Baracke auf dem Turmberg gelagerten Fundstücke nach Potsdam gebracht. 1992 verschwand die Baracke, damit auch ein Stück Lebuser Ortsgeschichte.

Autor: Heike Spieckermann

Klicken Sie hier: Forschungsstelle Lebus 1938-1945

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