Zur Startseite

Lebus rechts der Oder (r.d.O.)


  Zur Dia-Serie: Erinnerungen an Lebus rechts der Oder

Vor 1945 befanden sich östlich des Lebuser Oderufers in offener Bebauung ca. 50 Gehöfte. Sie standen, weit auseinandergezogen, auf einem Gelände, dessen Ausdehnung im Westen durch die Oder, im Norden durch das Oderknie (Vierscheunen), im Osten durch Tirpitz und im Süden durch Neu-Lebus markiert wurde. Dieser Landstrich (auf Karten als Lebuser Loose ausgewiesen) hieß Lebus rechts der Oder, oder abgekürzt Lebus r.d.O.
Lebus r.d.O. war mit der Stadt Lebus am linken Oderufer durch einer Fähre verbunden, die sowohl Personen als auch schwere Fahrzeuge transportieren konnte. Die Fähre verkehrte zwischen der westlichen Anlegestelle (heute ist hier die Gaststätte Oderblick) und der östlichen Anlegestelle in Höhe der damaligen Fährgaststätte Otto Freund.
Vom Fähranleger r.d.O. führte eine ausgebaute Straße bis nach Tirpitz. Von dieser "Haupterschließungsstraße" zweigten mehr oder weniger ausgebaute Straßen und Wege ab, die zu den einzelnen Gehöften, nach Vierscheunen, nach Neu-Lebus und mehreren Vorwerken (Alt Mahlisch, Karolinenthal, Wiesenvorwerk) führten. Von nördlich Tirpitz bis Neu-Lebus durchzog der Haupgraben das Siedlungsgebiet.
Die Menschen von Lebus r.d.O. lebten überwiegend von der Landwirtschaft. Als strukturbestimmend ist der Großbauer von Krogh zu nennen, dessen Hof sich an der "Haupterschließungsstraße", westlich des Hauptgrabens befand. Der Landwirt Biederstedt ist ebenfalls als Großbauer einzustufen. Mehrere Gewerbebetriebe hatten sich angesiedelt: Der Stellmachermeister Karl Griesch, der Schmiedemeister Rake, der Schneidermeister Paul Weisemann, der Schuhmachermeister Nato und der Mühlenbesitzer Dietrich. Auch ein Lebensmittelgeschäft war vorhanden. Dieses wurde von Paul Günter betrieben. Die Stellmacherei Griesch war gleichzeitig Außenstelle des Lebuser Bauunternehmens Gustav Koch, in der Baumaterial und Gerüste für Bauvorhaben r.d.O. vorgehalten wurden.
Bis ca. 1900 befand sich nördlich Vierscheunen, mit Schiffsanleger an der Oder, die von Lebuser Domänenpächtern (Familie v. Gansauge) initiierte Zuckerfabrik, die jedoch 1902 Konkurs anmelden musste. Von der Zuckerfabrik verschwand bald alles bis auf das ehemalige Verwaltungsgebäde. In diesem wohnte bis 1945 noch die Familie Franz. Der Baustil des Gebäudes entsprach dem des heutigen Lebuser Amtsgebäudes.
Von 1945 ist noch bekannt, dass der sowjetische Geheimdienst GPU auf dem Grundstück Erich Kliems einen Stützpunkt unterhielt. Hier wurden Lebuser, die nicht mehr fliehen konnten, bzw. auch nicht wollten, in Schüben von bis zu 10 Personen abgeschöpft, bevor man sie nach Osten verbrachte.
Unter der neuen Verwaltung zerfiel nach 1945 Lebus r.d.O. recht schnell, heute kann man sich kaum noch vorstellen, dass hier einmal eine Siedlung mit florierender Landwirtschaft existierte.

Autor: Werner Koch

Zum Seitenanfang