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Korbmacher in Lebus


Bis 1989 war in Lebus das Korbmacherhandwerk vertreten.

Über Jahrzehnte prägte die Familie Rolke die Tradition dieses alten Handwerkes. Adolf Rolke gründete um 1890 in der Kietzer Straße 137 (heute Nr. 19) eine Korbmacherei, die bis in die Kriegsjahre nach 1939 hinein bestand.
Sein Sohn Herrmann Rolke firmierte ebenfalls als Korbmacher. Sein Betrieb befand sich in der Oderstraße 122 (heute 9a), und geht auf die Zeit um 1925 zurück. Herrmann Rolke war nebenbei auch als Tischler und Maurer tätig. Unter Nutzung der Fischereirechte (Pacht) seines Vaters war er ab den 20er Jahren auch noch als (Oder-) Fischer bekannt, zuvor nutzte Adolf Rolke die Fischerei-Rechte selbst (die an sein Grundstück gebunden waren).
Einen schweren Einschnitt bracht das Jahr 1945, als Herrmann Rolke in ein Speziallager des Sowjetischen Geheimdienstes (Ketschendorf) verbracht wurde. Seine Frau Frieda Rolke erhielt die Genehmigung zur Weiterführung des Betriebes. In dieser Zeit war Otto Krause, langjähriger Geselle im Korbmacherbetrieb Rolke, für sie eine wichtige Stütze. Er bezog auch, 1946 aus dem Krieg zurückkehrend, Quartier im Hause Rolke (Odersstraße). Nach 3-jähriger Lagerhaft kehrte Herrmann Rolke nach Lebus zurück, und führte nunmehr bis Anfang der 60er Jahre den Betrieb. Nach seinem Ableben firmierte Frieda Rolke noch bis ca. 1980. Sie beschäftigte einen Facharbeiter, der im Firmengebäude einwohnte.
Herbert Rolke, ein Sohn von Herrmann Rolke, arbeitete vor 1945 zeitweilig auch als Korbmacher in der Werkstatt seines Vaters. Ansonsten war er in der Stadtverwaltung angestellt.

Bis 1945 firmierte Herrmann Uckrow als Korbmacher. Er kaufte um 1910 den damaligen Hof Rosenheim Breite Straße 173 und war zunächst als Landwirt tätig. Nach seiner Verwundung im 1.WK konnte er die körperlich schweren Arbeiten in der Landwirtschaft (die er aber noch weiter betrieb) nicht mehr selbst verrichten. Als zweites Standbein gründete er eine Korbmacherei. Für diesen Zweck richtete er im Kuhstall (das Gebäude ist heute noch vorhanden) 2 Korbmacherstuben ein. Er beschäftigte zwei Gesellen: Paul Budach und Wilhelm Trebbin.
Der Korbmacher-Betrieb fand 1945 ein jähes Ende. Herrmann Uckrow war Vorsitzender des Lebuser Kriegervereins und hatte auf dem Heuboden des Kuhstalles Waffen der Vereinsmitglieder aufbewahrt. Daraufhin kam er in ein Speziallager des Sowjetischen Geheimdienstes. Nach kurzzeitiger Entlassung wurde er wieder in das Lager Jamlitz verbracht, von wo er nicht mehr zurückkam. Sein Sohn Hellmut Uckrow führte bis zur LPG-Bildung die Landwirtschaft weiter.

Ein weiterer Korbmacher, Otto Krause, übte von 1972 - 1989 dieses Gewerbe in Lebus aus. Er absolvierte 1931 - 34 bei Adolf Rolke seine Lehrzeit und arbeitete dort als Geselle. 1938 zog man Otto Krause zum Militär ein. Angefangen vom Polenfeldzug bis hin zu seinem Finnland - Einsatz in den letzten zwei Kriegsjahren mußte er diese schwere Zeit überstehen. Zunächst ab 1946 wieder bei Herrmann Rolke tätig, meldete er 1972 selbst das Gewerbe eines Korbmachers an. Er firmierte in Lebus, Birnenallee 2 bis 1989. Auf Grund seiner mehr als 25-jährigen Gesellenzeit durfte er die Firma auch ohne Meisterprüfung führen. Die zuständige Korbmachergenossenschaft befand sich in Erkner, sie vermittelte die Produkte an Geschäfte des Einzelhandels. Die Weidenruten bezog Otto Krause nur teilweise von der Einkaufs-und Liefergenossenschaft, den anderen Teil schnitt er selbst auf den Auwiesen an der Oder nördlich vom (heutigen) Anglerheim. Otto Krause produzierte auch für die örtliche Landwirtschaft (LPG). Einen geringen Anteil seiner Korbwaren durfte er privat verkaufen (Bevölkerungsbedarf).

Das Korbmachergewerbe zählte in seiner Blütezeit in den Bereichen Potsdam, Frankfurt/O und Cottbus 300 Werkstätten. Im SED - Staat waren es noch bis zu 130 Betriebe, zur Wende zählte man nur noch 39. Eisenhüttenstadt galt als Hochburg der Korbmacher.

Auf den Auwiesen nördlich des (heutigen) Lebuser Anglerheimes wuchs der Rohstoff für die Lebuser Korbmacher. Nördlich der inzwischen versiegten Lebuser Quelle unterhielt die Fa. Rolke eine Weidenkultur. Die in Hecken angelegten Sträucher waren vom Typ Salix americana, ein qualitativ hochwertiger Rohstoff für die Korbmacher. Dieser Bestand wurde zunächst von der Fa. Rolke, später dann Otto Krause in Pacht genutzt und gepflegt. Danach verwilderte der Bestand. Zwischen Anglerheim und der Weidenkultur gibt es einen Bestand von wild wachsenden Weiden. In der Qualität geringer als die Salix americana wurden auch diese Weiden genutzt. Otto Krause pachtete sie vom Straßenbauamt.
In früheren Zeiten gab man dem vom (heutigen) Oder-Neiße-Radweg hinter der (versiegten) Lebuser Quelle in die Auwiesen führenden Weg den Namen Weidenschälerweg, die sich anschließende Fläche ist der Weidenschälerplatz. Diese Namen weisen daraufhin, daß vor 1945 dort auch Weidenruten geschält wurden. Für die nach 1945 gefertigten Wirtschafts- Artikel war das Schälen nicht mehr vonnöten. Im übrigen sei vermerkt, daß die dort an der Oder wachsenden Kopfweiden für das Korbmacherhandwerk wegen der geringen Qualität der Ruten nicht relevant sind. Die Ruten der Kopfweiden wurden früher als nachwachsender Brennstoff für Heizzwecke u.a. verwendet, praktizierte Ökologie in einer Zeit, als noch nicht so viel von Ökologie geredet wurde.

 

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